Sharing Economy
Teilen (!), nicht kaufen und haben
Teilen (!), nicht kaufen und haben
Noch vor Kurzem war Besitz als Status sehr wichtig – heute teilen viele lieber. 2009 ist der Begriff „Sharing Economy“ erstmals aufgetreten und hat sich von einer Nische zum Megatrend entwickelt. 80% aller Produkte sind Einwegprodukte, 99% landen nach sechs Monaten im Müll? Das passt mit den Werten unserer Gesellschaft nicht mehr zusammen; Individualismus, Konsumismus oder Materialismus sind bei vielen out. Heute sehnt man sich nach dem Wir, nach Zusammenhalt und authentischen Erfahrungen. Begegnungen sind wichtig und wir wünschen uns mehr Inhalt als Verpackung – Sein statt Schein.
Teilen – das neue Glück
Sharing wird noch als Konkurrenz zum etablierten Wirtschaftssystem gesehen. Sharing konkurriert aber nicht damit, sondern ergänzt es nur. Aus Sicht der Konsumenten ist Sharing zweckrational und wirtschaftlich: Sie brauchen keine Bohrmaschine, sondern ein Loch – kein Stehzeug, sondern ein Fahrzeug. Sharing kostet weniger und das Resultat ist für den Verbraucher das Gleiche. Immer öfter wird das Glücksversprechen der Konsumkultur von verschiedenen Seiten hinterfragt: Haben alleine macht nicht mehr glücklich, dafür aber das Teilen.Teilen stiftet Sinn und bereitet den Menschen Freude. Das Glück im Teilen liegt sogar laut Umfragen im Trend: Ca. 80% stehen dem Teilen offen gegenüber. 52% glauben, dass Sharing ein Trend ist und 17% teilen bereits heute (Quelle: BITKOM).
Sharing-Kultur
- Teilen und tauschen sind im Web selbstverständlich: Das Online-Verhalten setzt sich offline fort.
- Suche den Gemeinschaftssinn: Konsum heißt heute nicht nur mehr „Ich“, sondern „Wir“, daher schließen sich Konsum und Teilen nicht mehr aus.
- Eigentum war gestern: Mein Haus und mein Auto sind Metaphern von früher. Heute nutzen und teilen wir lieber.
- Gesunde Umwelt: Wertschätzend und nachhaltig mit unseren Ressourcen umzugehen, ist wichtiger geworden.
- Teilen spart Geld: Im Lichte der Wirtschaftskrise wurde Geiz bekanntlich geil; manchmal auch notwendig.
Nicht neu, dafür überall
Teilen ist an sich nichts Neues, auch im Tourismus nicht: Privatzimmervermieter, Studienreisen, Neo-Hostelling, Car Sharing, Skiverleih oder Radverleih sind bereits gelebte Sharing Economy. Neu ist die höhere Reichweite durch das Internet bzw. Social Media und die Art des Teilens. Dazu ein paar Beispiele:
- miavia.in: In einer sogenannten Travelbox verkaufen Reisende ihre tollsten Erlebnisse.
- airbnb.com: Private vermieten Zimmer in ihrer Wohnung und teilen mit ihren Gästen Interessen sowie ihr Leben.
- lyft.com: Gäste werden im Privatauto herumgefahren und erhalten von den einheimischen Fahrern wertvolle Infos und Tipps. Bezahlt wird via Spende.
- vayable.com: Hier werden von Einheimischen Führungen angeboten und Insiderwissen vermittelt, das man so nie bekommen würde.
- yachtic.com: Vermiete die eigene Yacht und finanziere so die Erhaltungskosten.
- getaround.com: Über dieses Portal werden Privatautos vermietet.
- nyahotels.com: Hotelkonzept rund um geteilte Mehrbettzimmer.
Vorteile des Sharing
- Bettenauslastung: Mit Sharing können freie Ressourcen besser genutzt werden. So viele Betten wie airbnb hat kein Hotel der Welt.
- Synergien: Kombinieren wir etablierten Tourismus und Sharing, fördern wir ungenutzte Potenziale.
- Menschlicher Mehrwert: Der Wert liegt im Teilen und ein Kunde ist auch dann etwas Wert, wenn er nichts kauft.
- Innovation: Durch Sharing verändern sich die Spielregeln des Wirtschaftens. Der Tourismus ist ein Bereich, der hierfür innovationsfähig genug ist.
- Erlebnisse: Menschen wollen das Echte der Destination kennen lernen. Daher dürfen wir nicht nur Betten verkaufen, sondern müssen auch Erlebnisse vermitteln, was mit Sharing sehr gut funktioniert.
- Sharing bündeln: Um das Angebot übersichtlicher zu gestalten, müssten Sharing-Angebote zusammengefasst werden. Damit erreichen wir den Sharing-Kunden besser.
Spannungsfeld und Ausblick
Sharing beruht auf Vertrauen, das beruhigt und ist irgendwie auch eine Sehnsucht des Menschen. airbnb vermittelt eine wunderschöne Urlaubserfahrung durch Vertrauen und authentische Gastfreundschaft. Sicherheitshalber gibt es bei Online-Buchungen gut durchdachte Bewertungsverfahren, die Konsumenten vor Enttäuschungen schützen. Außerdem gibt es Versicherungen, die Unterkünfte und Gegenstände schützen.Was jeder weiß, aber keiner sagt: Seit 150 Jahren ist Tirol für Gastfreundschaft und engen Kontakt zu seinen Gästen bekannt. Darum zieht es sie zu uns und nicht in die Schweiz oder nach Frankreich. Unsere Privatzimmervermieter sind ein gutes Beispiel für Vertrauen und engen Kontakt. Eigentlich leben wir seit 150 Jahren eine Sharing Economy – nur haben wir sie nicht so genannt und vermarktet.Ob wir es wollen, oder nicht: Mit dem gesellschaftlichen Wertewandel entsteht Sharing und damit ein verändertes Konsumverhalten. Als innovatives Tourismusland werden wir dies als Chance nutzen. Teilen wird den etablierten Tourismus nur ergänzen, aber nicht ersetzen. Nur die Produktentwicklung und den Vertrieb müssen wir anpassen. Außerdem ist Sharing seit 150 Jahren Teil der Tiroler Tourismuskultur. Früher sagte man noch Gastfreundschaft dazu.