BIG DATA IM E-TOURISMUS

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mrtoed

Big Data ist in aller Munde, könnte für den Tourismus wichtig sein, ist aber dort noch nicht ganz angekommen. Der Experte Michael Toedt im Gespräch.

  1. Für alle, die es noch nicht wissen: Was ist Big Data? Big Data ist die intelligente Nutzung von Daten, um den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens nachhaltig zu sichern.

  2. Big Data sei im Tourismus nicht angekommen. Stimmt das so? Woran liegt das? Das ist so nicht ganz richtig. Der Erfolg der großen Online-Portale beruht zu einem großen Teil darauf, dass diese Unternehmen Kundendaten sehr gut nutzen. Bei vielen Managern in anderen Bereichen ist das Verständnis für die Wichtigkeit von Daten einfach noch nicht angekommen. Dies spiegelt sich sehr gut in der IT-Landschaft dieser Unternehmen wieder: Die eigentlich so wertvollen Daten liegen in verschiedensten autarken Systemen und sind somit nicht oder nur sehr schwer nutzbar.

  3. Einerseits werden im Tourismus viele Daten gesammelt. Anderseits mangelt es am Auswerten? Fehlen die richtigen Fragestellungen? Fehlt das richtige Personal? Stichwort: Statistiker? Fehlt die Notwendigkeit? Es fehlt wie schon gesagt bei vielen das Verständnis, wie wichtig Daten sind. Darüber hinaus ist es klar, dass es besondere Kompetenzen bedarf, Daten gewinnbringend zu nutzen und aufzubauen. Dabei geht es besonders darum, vernetzt über verschiedene Kanäle hinweg zu denken und die richtigen Fragestellungen zu erarbeiten. Dies erfordert, neben dem technischen und analytischen Wissen, vor allem auch tiefe Branchenkenntnisse. Da diese Mitarbeiter bei vielen Unternehmen auch in den nächsten Jahren nicht vorhanden sein werden bzw. der Need für eine Vollzeitstelle einfach nicht gegeben ist, wird Big Data sicherlich das Thema BPO (Business Process Outsourcing) beleben.

  4. Unterscheiden sich die Daten, die Tourismusverbände sammeln von den Betrieben? Wenn nein, würde das Sinn machen? Warum? Kaum, außer dass in den Hotelbetrieben noch mehr Datenquellen vorhanden sind und dort die notwendige Konsolidierung der IT-Partner und die Vernetzung umfassender ist.

  5. Eine Online-Plattform weiß mehr über ihre Kunden als über sich selbst. Sie weiß diese Daten auch zu verarbeiten und zu nutzen? Warum ist das im Tourismus noch nicht so? Man hat den Kunden einfach vergessen und keinen großen Wert auf eine intelligente Nutzung der Daten gelegt. Verantwortlich sind letztlich die Geschäftsführer der jeweiligen Verbände, die sich dem Thema nicht oder einfach nur ungenügend angenommen haben.

  6. Was können Touristiker vom Analyseprofis wie Facebook oder Google lernen? Der Erfolg dieser Unternehmen beruht fast ausschließlich auf deren Datenkompetenz. Wir im Tourismus müssen lernen, dass neben dem eigentlichen Produkt das Datenmanagement eine immer wichtigere Rolle einnehmen wird.

  7. Passen Big Data und Datenschutz noch zusammen? Was wird für den Datenschutz getan? Hier wird sich sicherlich einiges tun müssen. Die Gesetzgebung hinkt immer einige Jahre hinter der Realität nach. Allerdings muss man auch feststellen, dass die Verbraucher sehr wohl gewillt sind, sehr viel über sich preiszugeben, sofern der Mehrwert, den sie dafür erhalten, dies rechtfertigt. Generell: Je jünger, desto unbeschwerter geht man mit dem Thema um.

  8. Können wir als Touristiker aus der Analyse von Daten überhaupt gute Lösungen generieren? Wenn ja, für was? Natürlich, Big Data wird zum einen die Kommunikation mit dem Kunden komplett verändern. Zukünftig werden Informationen zur richtigen Zeit an die richtigen Empfänger verschickt; vollautomatisch. Qualität in der Kommunikation entsteht also durch Technisierung. Zum anderen unterscheidet Big Data Unternehmen, die genau wissen, wo und in was sie investieren müssen und jene, die es lediglich glauben. Datenanalysen geben eine sehr hohe Sicherheit, gerade bei strategischen Entscheidungen.

  9. Wie ist das Kosten-Nutzenverhältnis? Bekommen wir das raus, was wir reinstecken müssten? Der ROI (Return of Investment) von Big Data ist von Fall zu Fall anders. Es hängt davon ab, wie die Daten im Marketing genutzt werden, welche Kanäle eingesetzt werden, wie die Systemlandschaft aussieht, welche strategischen Entscheidungen anstehen und wie die Arbeitsprozesse aussehen. Eine allgemeine Aussage, dass Big Data einen ROI von X erwirtschaftet, ist sicherlich nicht möglich.

  10. Ist Big Data eine Revolution oder eine Evolution? Hype oder kontinuierliche Entwicklung? Data Driven Marketing gibt es viele Jahre und hat sich immer weiterentwickelt. Allerdings, die explosionsartige Zunahme von Daten und Quellen verändert alles. Man kann also sagen, dass die Evolution in eine Revolution mündet und wir gerade erst am Anfang stehen.

  11. Big Data hilft Modelle zu entwerfen – wer sind meine Kunden, was muss ich ihnen zeigen, um mehr zu verkaufen? Scheitert es an der physischen Struktur von eCommerce und Tourismusvertriebssystemen? Big Data ist nicht nur technisch eine Herausforderung, sondern muss auch zu organisatorischen Veränderungen führen. Gerade dieser Wille zur Veränderung ist notwendig, um das Thema für sich nutzen zu können.

  12. Und jetzt mal ehrlich: Wie weit ist Tirol in Sachen Big Data? Was könnten wir besser machen? Hätten wir dadurch einen besonderen Nutzen? Österreichische Tourismusbetriebe haben weitaus bessere Voraussetzungen als z. B. Deutsche oder die Schweizerische. Der Grund hierfür ist die lange Direkt-Marketing-Tradition. Man ist also, anders als in den Nachbarländern, schon immer gewohnt, mit Daten umzugehen und sich auch z.B. über die Notwendigkeit eines Daten-Qualitäts-Managements bewusst. Dies hilft sehr, wenn man sich dem Thema annehmen möchte.

Vielen Dank Herr Toedt für das Gespräch.